Kontakt- und nachrichtenlose Vermögen

Was passiert, wenn der Kontakt zur Kundschaft abbricht? 

Bankbeziehungen sind auf Dauer ausgelegt und können sich über sehr lange Zeiträume erstrecken. Es kommt immer wieder vor, dass Banken den Kontakt zur Kundschaft verlieren. Schon heute ist in der Schweiz exakt geregelt, wie die Banken dann vorgehen müssen und was mit dem Vermögen passiert. Ausserdem gibt es für Kundinnen, Kunden und Anspruchsberechtigte die Möglichkeit der Suche nach solchen Vermögen über den Bankenombudsman. Seit Januar 2015 besteht zudem eine gesetzliche Regelung, nach der die Banken Vermögen, bei denen der letzte Kundenkontakt 60 Jahre oder weiter zurück liegt, auf einer Internetseite publizieren und die Gelder nach einem weiteren Jahr ohne Kontakt zum Kunden an den Staat abliefern müssen.

Wie Vermögen kontakt- und nachrichtenlos werden

Ein Umzug in ein anderes Land, ein Todesfall, die Schliessung einer Firma – schnell geht in solchen Situationen vergessen, dass auch die Bank benachrichtigt werden muss.

Bei allen Banken auf der Welt kann es passieren, dass der Kontakt zu einer Kundin oder einem Kunden abbricht. In der Schweiz gibt es klare Regeln, was eine Bank in solchen Fällen unternehmen muss, aber auch, was Kundinnen, Kunden und ihre Erben tun können, um ihr Vermögen wiederzufinden.

Die Regeln zum Umgang mit kontakt- und nachrichtenlosen Vermögen

Seit 1995 gibt es in der Schweiz Richtlinien zum Umgang mit kontakt- und nachrichtenlosen Vermögen. Sie regeln allgemein, wie mit solchen Vermögen zu verfahren ist, und sind durch die Schweizer Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA genehmigt. Ihre Einhaltung ist Gegenstand der bankengesetzlichen Prüfung. Die Richtlinien wurden durch eine Revision des Bankengesetzes untermauert. Die gesetzlichen Regelungen sind seit dem 1. Januar 2015 in Kraft.

Banken müssen geeignete Massnahmen ergreifen, damit der Kontakt zur Kundschaft nicht abbricht. Kommt es dennoch dazu, dass die Bank den Kontakt zur Kundin, zum Kunden verliert, muss sie:

  • verhältnismässige Suchmassnahmen ergreifen und Vermögenswerte, bei denen kein Kundenkontakt mehr hergestellt werden kann, entsprechend kennzeichnen.
  • diese Vermögenswerte durch organisatorische Massnahmen gegen unberechtigte Zugriffe schützen und sie im wohlverstandenen Interesse der Berechtigten verwalten.
  • die Daten für alle betroffenen Vermögenswerte, wenn ihr Wert CHF 500 pro Kundin oder Kunden übersteigt, und für Schrankfächer an eine zentrale Datenbank melden, wo nur der Bankenombudsman im Interesse von Berechtigten eine Suche durchführen kann. 60 Jahre nach dem letzten Kundenkontakt werden diese Vermögenswerte, wenn die berechtigte Person nicht mehr gefunden werden konnte, im Internet publiziert. Diese Publikation gilt wiederum für alle Verbindungen, die den Vermögenswert von CHF 500 übersteigen oder deren Wert unbekannt ist (etwa bei Schrankfächern). Meldet sich innert der vorgegebenen Frist kein berechtigter Ansprecher, liefern die Banken die Vermögenswerte dem Bund (das heisst der Eidgenössischen Finanzverwaltung) ab. Die Frist beträgt ein Jahr und bei alten Guthaben, die bei Inkrafttreten der neuen Regelung schon seit über 50 Jahren nachrichtenlos waren, fünf Jahre.
  • nachrichtenlose Vermögenswerte von höchstens CHF 500 pro Kundin oder Kunden, 60 Jahre nach dem letzten Kontakt ohne Publikation dem Bund abliefern.

Mit der Ablieferung der Vermögenswerte an den Staat erlöschen sämtliche Ansprüche darauf.

Die Suche kontakt- und nachrichtenloser Vermögenswerte über den Schweizerischen Bankenombudsman

Wer vermutet, an kontakt- oder nachrichtenlosen Vermögenswerten berechtigt zu sein, sollte sich an die betreffende Bank wenden. Ist deren Name unbekannt, besteht seit dem Jahr 1996 die Möglichkeit der Suche über den Schweizerischen Bankenombudsman. Eine Suche ist jederzeit möglich, sobald ein Vermögenswert kontaktlos geworden ist, nicht erst nach Ablauf von 60 Jahren. Da die Vermögenswerte, die in dieser zentralen Datenbank gespeichert sind, dem Bankkundengeheimnis unterliegen, ist eine Abfrage über den Bankenombudsman nur unter Nachweis einer Berechtigung möglich. Antragsteller müssen für eine solche Suche Dokumente einreichen, um die Berechtigung an den Vermögenswerten zu belegen. Damit ist sichergestellt, dass nur die dazu Berechtigten die fraglichen Gelder erhalten. Wird ein Vermögenswert wiedergefunden, kontaktiert der Bankenombudsman die betroffene Bank, die die Berechtigung des Suchenden definitiv prüft; der Kundenkontakt wird damit wiederhergestellt.

Weitere Informationen, wie Kundinnen und Kunden verhindern können, dass ihre Konten nachrichtenlos werden, hat die SBVg in einer Kundeninformation zusammengestellt.

Die Publikation von nachrichtenlosen Vermögen

Trotz aller Anstrengungen, Kundinnen und Kunden wiederzufinden, und der Möglichkeit der individuellen Suche über den Bankenombudsman kann es vorkommen, dass jahrzehntelang kein Kontakt wiederhergestellt werden kann. Um Kundinnen und Kunden letztmals eine Suchmöglichkeit zu geben und damit Banken standardisiert und rechtssicher mit nachrichtenlosen Vermögenswerten umgehen können, gilt für solche Vermögenswerte ein besonderes Verfahren:

  • Bankbeziehungen, die 10 Jahre kontaktlos und anschliessend 50 Jahre nachrichtenlos waren (d.h. 60 Jahre nach dem letzten Kundenkontakt), müssen im Internet publiziert werden, wenn sie mehr als CHF 500 pro Kunden betragen oder ihr Wert unbekannt ist, damit sich allfällige Berechtigte melden können. Für diese Vermögenswerte ist das Bankkundengeheimnis von Gesetzes wegen aufgehoben, um durch die Publikation die Chance zu erhöhen, dass Berechtigte ihr Geld wiederfinden.
  • Publiziert werden, soweit vorhanden, der Name, der Vorname, das Geburtsdatum, die Staatsangehörigkeit des Kunden (in Ausnahmefällen die Konto- oder Heftnummer) sowie der letzte bekannte Wohnsitz oder Sitz. Das gilt für sämtliche Arten von Vermögenswerten einschliesslich Schrankfächer.
  • Dasselbe gilt bei Firmen und sonstigen juristischen Personen (natürlich ohne Vornamen und Geburtsdatum).
  • Dies ermöglicht es jedermann, mithin auch Personen, die über keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines vergessenen Schweizer Bankkontos verfügen, kostenlos, jederzeit und von jedem Ort aus selbst nachzusehen, ob ein publizierter nachrichtenloser Vermögenswert existiert.
  • Ansprüche können auf https://www.dormantaccounts.ch mit einem Online-Formular angemeldet werden. Dieses wird anschliessend automatisch an die betreffende Bank zur Bearbeitung weitergeleitet. Der Schweizerische Bankenombudsman fungiert als Meldestelle, wenn jemand seinen Antrag brieflich eingeben will oder Rückfragen hat. Wenn die Bearbeitung des Antrags durch die Bank zur Wiederherstellung des Kundenkontaktes führt, ist das Guthaben nicht mehr nachrichtenlos und die berechtigte Person kann darüber verfügen.
  • Meldet sich nach Ablauf der Publikationsfrist niemand, werden diese Guthaben von Gesetzes wegen an den Staat überwiesen. Die Rechte der Kundinnen und Kunden sind damit erloschen.

Die Banken müssen gemäss den Richtlinien diese Guthaben einmal jährlich publizieren.

Expertinnen und Experten

Natalie Graf
Senior Legal Counsel
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