Beziehungen Schweiz-UK
Die Schweiz und das Vereinigte Königreich (UK) pflegen seit vielen Jahren intensive und vielschichtige bilaterale Beziehungen. Beide Staaten verfügen zudem über weltweit führende Finanzzentren. Das Vereinigte Königreich (UK) trat am 31. Januar 2020 aus der EU aus. Mit dem Ende der Übergangsperiode verloren die bilateralen Verträge Schweiz–EU ihre Gültigkeit in Bezug auf das UK. An ihrer Stelle wurden ab dem 1. Januar 2021 eine Reihe von Nachfolgeabkommen angewendet, welche im Rahmen der «Mind the gap»-Strategie des Bundesrates mit dem UK vereinbart wurden. Der Grossteil der geltenden Rechte und Pflichten zwischen den beiden Staaten blieb damit erhalten.
Da der britische Markt zu den Schwerpunkten des Exportgeschäfts der Schweizer Banken gehört, war es damals sehr wichtig, dass die Beziehungen zum UK auch nach dem erfolgten Brexit und dem Ende der Übergangsphase nicht nur möglichst störungsfrei weitergeführt, sondern auch zielgerichtet verbessert werden können.
Schweizer Banken waren und sind jedoch nach wie vor bei grenzüberschreitenden Geschäften mit Privatkunden im UK mit einer komplexen und teilweise unklaren UK-Regulierung und entsprechenden Risiken konfrontiert, vor allem in Bezug auf im UK ansässige Individualkunden. Aus diesem Grund zielten die Schweizer Banken auf eine ambitionierte Ausweitung des gegenseitigen Marktzugangs im Bereich der Bank- und Wertpapierdienstleistungen.
Ein gemeinsames Branchen-Positionspapier von economiesuisse und TheCityUK, das am 28. April 2020 publiziert wurde und an dem die SBVg mitgewirkt hatte, hatte entsprechende substantiierte Anliegen formuliert. Diese wurden in einer vom damaligen britischen Schatzkanzler Rishi Sunak und Alt-Bundesrat Ueli Maurer am 30. Juni 2020 unterzeichneten Absichtserklärung («Joint Statement») weitgehend übernommen.
Nach intensiven Verhandlungen haben nun UK und die Schweiz am 21. Dezember 2023 ein umfassendes Finanzdienstleistungsabkommen («Agreement between the Swiss Confederation and the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland on Mutual Recognition in Financial Services”, auf deutsch «Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung im Bereich der Finanzdienstleistungen») unterzeichnet, das weitgehend auf gegenseitiger Anerkennung von Regulierungen basiert. Mit der Unterzeichnung wurde ein wichtiger Schritt hin zu einem formellen Abkommen erreicht. Als nächstes muss dieses noch von den Parlamenten beider Länder genehmigt werden.
Das Abkommen ist ein Bekenntnis der beiden bedeutendsten Finanzplätze in Europa zu offenen Märkten und unterstreicht die gemeinsamen Ziele der beiden Länder: (Wieder-) Eröffnung von Handelsplätzen, freier Kapitalfluss, grenzüberschreitende Nutzung von Kompetenz, Vermeidung von Fragmentierung und ein gesunder Wettbewerb. Von Beginn weg wurde das Vorhaben von den Finanzdienstleistungsbranchen beider Länder mitgetragen.
Das Finanzdienstleistungsabkommen setzt die Basis für Marktöffnungsschritte in den Bereichen Banken- und Wertpapierdienstleistungen, Asset Management, Versicherungen und Börse. Es ebnet auch den Weg zu einer engeren Zusammenarbeit bei Themen, die für die Finanzdienstleistungsbranche wichtig sind, wie Sustainable Finance und die Zusammenarbeit in multilateralen internationalen Foren.
Das Abkommen wird vor allem auch die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung von Schweizer Banken deutlich verbessern, damit ein interessiertes Kundensegment in Grossbritannien künftig bedürfnisgerecht bedient werden kann. Dies wird für die Schweizer Banken vor allem Verbesserungen und Vereinfachungen im Segment der vermögenden Privatkunden mit Vermögenswerten von über CHF 2 Mio. (High-Net-Worth Individuals) bringen, die einen Grossteil des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts ausmachen.
Das unterzeichnete Abkommen ist im Finanzdienstleistungsbereich ein Novum und realisiert neue Marktzugangsansätze. Dahinter steht die Überzeugung, dass eine weitgehende gegenseitige ergebnisbasierte Anerkennung der Gleichwertigkeit des Regulierungs- und Beaufsichtigungsrahmen die massgeblichen und wichtigen Interessen am besten schützt. Diese umfassen insbesondere den Kundenschutz, die Integrität und Stabilität der Finanzplätze sowie das Sicherstellen von Gleichwertigkeit. Das UK und die Schweiz setzen auf bilaterale Kooperation mit dem Ziel, diese gegenseitige Gleichwertigkeit nicht nur festzustellen, sondern sie auch auf Dauer beizubehalten.
Mit seinem innovativen, gut durchdachten und vielversprechenden Ansatz setzt das Abkommen zudem über das Verhältnis Schweiz-UK hinaus auch ein starkes Zeichen, dass es im Bereich des Marktzugangs Raum für robuste und praktikable Lösungen gibt, die über gängige, zum Teil festgefahrene Vorgehensweisen hinausgehen.
Die SBVg begrüsst das Verhandlungsergebnis sehr und zählt auf eine zügige Genehmigung und Inkraftsetzung des Abkommens.