«Der SARON ist ein stabiler Referenzzinssatz»
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Warum ist die Umstellung vom LIBOR auf den SARON so wichtig?
Der LIBOR ist heute noch immer der meistverwendete Referenzzinssatz, auf den sich weltweit Verträge mit einem Nominalwert von weit über 200 Bio. US-Dollar beziehen. Auch in der Schweiz verwenden rund 80% der Banken immer noch den LIBOR bzw. die LIBOR-Swapkurve zur Bepreisung ihrer Kreditprodukte (siehe Abbildung). Der LIBOR hat aber ein grundlegendes Problem: Die Datengrundlage, auf der er ermittelt wird, ist sehr dünn. Im unbesicherten Geldmarkt gibt es für den LIBOR kaum noch unterliegende Transaktionen. Aus diesem Grund hat die britische Finanzmarktaufsicht im Sommer 2017 mitgeteilt, dass sie den LIBOR nur noch bis Ende 2021 unterstützen wird. Sein Ende steht also bevor, und es muss für die Ablösung rechtzeitig ein robuster Ersatz bereitstehen. In der Schweiz ist dies glücklicherweise mit dem SARON der Fall.
Warum der SARON als Alternative?
Im Gegensatz zum LIBOR ist der SARON ein solider Referenzzinssatz. Er basiert auf tatsächlichen Transaktionen, die im liquidesten Segment des Frankengeldmarktes – dem besicherten Geldmarkt – stattfinden. Er ist daher der aussagekräftigste Referenzwert in der Schweiz. Deshalb wurde er 2017 von der NAG als Alternative zum CHF-LIBOR empfohlen.
Gäbe es die Möglichkeit, aufgrund der Coronakrise die Umstellung zu verschieben?
Mir ist bewusst, dass das aktuelle Umfeld die bereits laufenden Umstellungsarbeiten noch anspruchsvoller macht. An der Ausgangslage in Bezug auf die Ablösung des LIBOR hat sich aber nichts geändert. Darüber herrscht auch auf internationaler Ebene Konsens. Eine rechtzeitige Umstellung vom LIBOR auf den SARON bietet die einmalige Chance, dass der Schweizer Finanzplatz nicht mehr unter der unsicheren Zukunft des LIBOR leidet, sondern – im Gegenteil – gestärkt aus der Ablösung hervorgehen kann.
Wie kommt die Umstellung in der Schweiz voran?
Dank der NAG läuft die Umstellung in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut. An dieser Stelle möchte ich allen Beteiligten der Arbeitsgruppe für ihren Einsatz danken, insbesondere Martin Bardenhewer, dem Co-Vorsitzenden der Gruppe. Die Arbeitsgruppe, die bereits seit 2013 besteht, bindet alle relevanten Akteure in den Reformprozess ein und hat schon mehrere wichtige Meilensteine erreicht. Der SARON-Swapmarkt wurde etabliert, und etliche Banken haben bereits erste SARON-basierte Hypotheken vergeben. Der nächste Meilenstein wird die Ablösung der LIBOR-Swapkurve durch die SARON-Swapkurve sein. Noch steht die LIBOR-Swapkurve bei der Bepreisung und Absicherung von Kreditprodukten im Vordergrund. Künftig wird die SARON-Swapkurve diese Funktion übernehmen und somit dem Markt als zentrale Orientierungsgrösse dienen.
Wie ist die SNB national und international bei den Umstellungsarbeiten engagiert?
Auf nationaler Ebene unterstützt die SNB die Umstellungsarbeiten unter anderem dadurch, dass sie gemeinsam mit einem Vertreter des Privatsektors den Vorsitz der NAG innehat. Die SNB übernimmt hier die Rolle der Moderatorin, führt das Fachsekretariat und stellt auf ihrer Website Informationen zur Tätigkeit der NAG zur Verfügung. Auf internationaler Ebene verfolgt die SNB die Entwicklungen genau und bringt sich aktiv in den relevanten bilateralen und multilateralen Gesprächen ein.
Wie beeinflusst der Wechsel zum SARON die Geldpolitik?
Die SNB hat sich geldpolitisch bereits vom Franken-LIBOR abgenabelt. Vor rund einem Jahr haben wir in unserem geldpolitischen Konzept das Zielband für den Dreimonats-LIBOR in Franken mit dem SNB-Leitzins ersetzt. Seither strebt die Nationalbank an, die kurzfristigen, besicherten Geldmarktsätze nahe am SNB-Leitzins zu halten, mit dem SARON im Fokus. Auch intern haben wir unsere Prozesse gründlich überprüft, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Aber am Ende braucht es einen gut funktionierenden Geldmarkt für eine effiziente Transmission unserer Geldpolitik. Aus diesem Grund ist es der SNB ein grosses Anliegen, dass die Umstellungen auf den SARON auch bei den Marktteilnehmern rechtzeitig angegangen werden.
Wo besteht noch Handlungsbedarf?
Auch wenn die Umstellungsarbeiten auf gutem Weg sind, ist der Weg bis zur vollständigen Ablösung noch weit. Alle Akteure müssen ihre Abhängigkeiten vom LIBOR überprüfen und wo immer möglich reduzieren. Insgesamt bin ich aber zuversichtlich, dass der Umstellungsprozess rechtzeitig abgeschlossen werden kann. Dialog und Zusammenarbeit sind grosse Stärken der Schweiz. Die NAG, die FINMA und die SNB arbeiten bereits seit Jahren eng zusammen, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Jetzt müssen noch alle Marktteilnehmer am gleichen Strick ziehen und ihre Prozesse entsprechend anpassen. Gemeinsam meistern wir diese Herausforderung.