Der Schweizer Finanzplatz hat seine Hausaufgaben gemacht
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Ausländische Medien zeichnen mit den «Suisse Secrets»-Berichten ein klischiertes Bild vom Schweizer Finanzplatz. Zentrale Fakten werden unterschlagen, bestenfalls beiläufig erwähnt. Fakt ist, dass die Schweiz die internationalen Standards konsequent umsetzt und über eine strenge Regulierung verfügt, um Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Das Geldwäscherei-Abwehrdispositiv wurde in den letzten Jahren fortlaufend und den Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) folgend ausgebaut und verschärft. Für die Banken gelten umfassende Sorgfalts- und Meldepflichten zur Vermeidung von Geldwäscherei und Finanzkriminalität. Die Banken haben in den vergangenen Jahren sehr stark in die Compliance-Massnahmen investiert und verfügen über umfassende Kontrollen und Prozesse, um die Einhaltung sicherzustellen und Verstösse zu verhindern.
Auch in Sachen Steuertransparenz setzt die Schweiz die internationalen Standards um und schliesst im Einklang mit den Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit allen Ländern Abkommen über den Automatischen Informationsaustausch (AIA) ab, die daran interessiert sind und die von der OECD definierten Mindestanforderungen erfüllen. Wie bei den anderen AIA-Staaten umfasst das AIA-Netz der Schweiz über 100 Länder und wird laufend erweitert.
Die gegenwärtigen und vergangenen Herausforderungen des Schweizer Bankenplatzes sind also längst Teil der politischen Diskussion und staatlicher Regulierung. Wie alle Staaten und Märkte arbeitet auch die Schweiz kontinuierlich an rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen für eine bessere Zukunft.
Ungenau und einseitig
Die «Suisse Secrets»-Berichte sind ungenau und einseitig. Ohne die Herausforderungen des Schweizer Bankenplatzes klein zu reden oder den Medien abzusprechen, ihr Geld und ihre Aufmerksamkeit durch emotional aufgeladene Berichte verdienen zu dürfen, möchte ich dennoch einige Punkte kommentieren.
Die Berichterstattung geht bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurück. Eine Zeitperiode, in der viele Entwicklungen stattgefunden haben und zwar in allen Staaten und Märkten. Wie hätte wohl die Dokumentation ausgesehen, wären andere in der Hauptrolle gewesen? Dieser Beitrag ist eine Zeitreise durch Jahrzehnte, in denen vieles anders hätte laufen müssen – nicht nur bei uns. Der Schweizer Bankenplatz hat hier, wie viele andere, eine Mitverantwortung. Die Darstellung, als ob das Schlechte dieser Welt durch die Credit Suisse und allein durch sie ermöglicht worden sei, das ist – mit etwas Abstand betrachtet – nicht seriös.
Mitverantwortung einzugestehen und Dinge aufzuarbeiten, das ist ohne Zweifel immer notwendig, da wir nur so als Gemeinschaft lernen und eine bessere Zukunft gestalten können. Mitverantwortung bedeutet aber auch, dass man die Komplexität des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenspiels sauber analysieren und darstellen muss.
Eine mediale Storyline zu erschaffen, die den Eindruck erweckt, dass bspw. die Credit Suisse als – global betrachtet – kleiner Akteur das Böse dieser Welt verursacht, bedeutet eine Story zu bauen, die Verantwortung an vielen Stellen aberkennt und einen Schuldigen sucht. Das ist keine Geschichte, die uns weiterbringt – zumal, selbst wenn es Unternehmen gäbe, die eine solche global-historische Macht besässen, dies wohl keine Schweizer Bank sein würde.
Ganzheitliche Reflexion ist angezeigt
Ich hätte erwartet, dass man alle Bereiche der Mitverantwortung beleuchtet. So wird beispielsweise die Schweiz kritisiert, dass sie den Automatischen Informationsaustausch (AIA) mit keinem der «Problemstaaten» eingeführt habe. Grosszügig ausgeblendet wird jedoch, dass unser AIA-Netzwerk genauso umfassend ist, wie dasjenige von Deutschland, Frankreich oder des UK. Auch dass die USA den AIA schlichtweg ignorieren und nicht umsetzen, spielt keine Rolle. Warum aber wurde das nicht thematisiert? Ist das womöglich eine Breitseite gegen den Schweizer Finanzplatz? Denn Steuersubstrat in der EU ist ein wertvolles Gut und seit dem Brexit herrscht ein Kampf um Teile des Londoner Finanzplatzes, von dem sich Deutschland und Frankreich erhoffen, als Gewinner hervorzugehen.
Ebenfalls wurde erneut die Schwarzgeld-Debatte aufgenommen, die verständlicherweise für Nationalstaaten deshalb ärgerlich ist, weil sie so Steuergelder nicht eintreiben können. Ärgerlich ist das aber nicht nur, wenn die «Sünder» Konten in der Schweiz haben, sondern auch wenn diese Konten in den USA sind, welche dieses Businessmodell ja unverhohlen anbieten.
Offene und transparente Diskussion
Ich bin als CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung motiviert, einen Beitrag zu leisten, damit der Bankenplatz offen und transparent Probleme aufarbeitet, Verantwortung übernimmt und sich verändert. In diesem Zusammenhang erachte ich es als wichtig, dass auch die Medien hier eine Diskussion und Analyse einfordern. Ich distanziere mich aber davon, dass man Effekthascherei betreibt, welche mitnichten der Aufarbeitung oder Verbesserung, sondern nur den medialen «Sales» dient und letztlich der Schweiz als Ganzes schaden will.
Vielleicht wäre es für die Medien möglich, eine Dokumentation zu erarbeiten, die weniger auf «Sales» und mehr auf «Reflexion» fokussiert. Insbesondere schwierige Themen müssen aufgearbeitet und diskutiert werden. Die öffentliche Zurschaustellung von Schuld war und ist nicht die Lösung.