Die Zukunft der Finanzindustrie: Von Datenbanken zu Daten-Banken
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Wussten Sie, dass die Schweiz ein Rechenzentrumsland ist? Laut einer Studie von Coldwell Banker Richard Ellis (CBRE) besteht in der Eidgenossenschaft die zweithöchste Rechenzentrumsdichte pro Kopf in Europa. Die Wirtschaftssendung ECO kommt im vergangenen Februar zum Schluss, dass ein Ende des gegenwärtigen Wachstums beim Bau von neuen Rechenzentren derzeit nicht in Sicht ist. Das exponentielle, von privaten und staatlichen Akteuren getriebene Datenwachstum führt zu einem unaufhörlichen Bedarf an digitaler Infrastruktur. Schätzungen besagen, dass sich die globale Datenmenge zwischen 2021 und 2025 von 60 auf 175 Zettabyte* verdreifachen wird.
Auch die Finanzbranche ist von diesem Datenwachstum betroffen
Die Finanzindustrie ist von diesem Trend ungleich stärker betroffen als andere Branchen. Dazu kommt, dass nur wenige Unternehmen derzeit einen so starken Druck verspüren sich neu erfinden zu müssen wie Banken. Ihr Kerngeschäft wird insbesondere durch «BigTechs» immer stärker herausgefordert. Weiter drängen sich zunehmend branchenfremde Unternehmen in die Wertschöpfungsketten und versuchen, ein eigenes Kunden-Ökosystem inklusive Zahlungen, Kreditvergabe und anderen, traditionell aus dem Finanzsektor stammenden, Leistungen aufzubauen. Obendrauf werden mobile Applikationen beliebter, da Anwender vermehrt mit dem Smartphone bezahlen, sparen und anlegen möchten.
Bei all diesen Prozessen fallen zunehmend grössere Datenmengen an, die übermittelt, gespeichert und verarbeitet werden müssen. Sowohl bei Banken als auch bei anderen Akteuren. Diese wachsende Menge an digital erhobenen Daten und neue technologische Möglichkeiten steigern das Potenzial einer systematischen Datennutzung, die sowohl den Datenschutz gewährleistet als auch neue Erkenntnisgewinne für die Unternehmen ermöglicht. So können zum Beispiel Kundenbedürfnisse besser verstanden und in innovative Geschäftsmodelle überführt, interne Prozesse effizienter ausgestaltet und das Risikomanagement verbessert werden. Banken sollten sowohl rechtlich als auch organisatorisch in der Lage sein, dieses enorme Potenzial vollends auszuschöpfen.
Der Leitfaden zum Umgang mit Daten im Geschäftsalltag verschafft Übersicht
Vor diesem Hintergrund hat die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) einen Leitfaden zum Umgang mit Daten im Geschäftsalltag verfasst. Dieser soll Bankmitarbeitenden die keine juristischen Experten sind, aber dennoch tagtäglich mit Fragen zum Umgang mit Daten konfrontiert werden, eine Orientierungshilfe bieten. Gleichzeitig soll der Grundstein für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema innerhalb der Schweizer Finanzindustrie gelegt werden. Für die SBVg ist zentral, dass Kundinnen und Kunden den Schutz und den vertrauenswürdigen Umgang mit ihren Daten stets gewährleistet wissen und gleichzeitig gemeinsam mit den Banken von den Chancen neuer technologischer Entwicklungen profitieren können.
Der Leitfaden veranschaulicht allgemeine Regelungskonzepte zur Datenbearbeitung anhand von sechs unterschiedlichen Anwendungsfällen aus dem Bankgeschäft. Die identifizierten «Use Cases» bieten einen unmittelbaren Mehrwert für die Kundinnen und Kunden sowie die Unternehmen. Dies sind der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Compliance-Zwecke, die Kreditprüfung, die Nutzung von Daten für Trendanalysen und Benchmarking, die biometrische Authentifizierung, personalisierte Angebote und Beratung sowie datenbasierte Loyalitätsprogramme.
Am Ende geht es auch um das Vertrauen
Der Umgang mit Daten bietet eine über die Inhalte des Leitfadens hinausgehende Vielzahl an Dimensionen und Betrachtungsmöglichkeiten. Neben rechtlichen Fragen spielen die Organisation, Vision und Strategie eines Unternehmens, die Schulung von Mitarbeitenden, Fragen der Kultur und Details rund um die technologische Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Die auftretenden Fragestellungen sind ausserhalb des juristischen Kontextes zumeist hochgradig spezifisch und ein «one size fits all»-Ansatz würde der heterogenen Schweizer Bankenlandschaft nicht gerecht werden.
Eine Konstante, die jedoch für die gesamte Finanzindustrie gilt, ist das Bedürfnis nach Vertrauen. Gegenüber anderen Branchen, zum Beispiel der Telekommunikation oder dem E-Commerce, geniessen Banken laut einer in den USA durchgeführten Studie von McKinsey das grösste Vertrauen, einen sorgfältigen Umgang mit Daten auch in Zukunft sicherstellen zu können. Dieser Vertrauensvorschuss sollte ausgebaut werden, indem gegenüber den Kundinnen und Kunden transparenter gemacht wird, was mit den Daten passiert und welcher Mehrwert durch das Teilen von Daten zu erwarten ist. Eine Möglichkeit wäre, den Kundinnen und Kunden nicht nur die Wahl zu lassen, ob Daten geteilt werden, sondern auch welche und wie viele. Wenn sichtbar wird, dass beide Seiten vom Datenaustausch profitieren, werden wiederum sowohl das Vertrauen als auch die Bereitschaft zur Preisgabe von Informationen wachsen. Dadurch erhalten Banken nicht nur bessere, sondern auch mehr Daten. Die Kundinnen und Kunden geniessen im Gegenzug qualitativ hochwertigere und massgeschneiderte Angebote und Dienstleistungen.