Wie unser Finanzplatz zum grünen Magneten wird

Erstmals erschienen in der Weltwoche vom 24.2.2022.

Schweizer Banken wollen sich die weltweit umfassendsten Kompetenzen im Bereich Sustainable Finance erarbeiten. Dafür braucht es intensiven Wettbewerb sowie klare Ziele und Anforderungen innerhalb der Branche und die volle Transparenz aller Unternehmen. 

Seit die Uno 2015 die siebzehn Nachhaltigkeitsziele, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG), beschlossen hat, sind die nachhaltig investierten Vermögen in der Schweiz um den Faktor zehn, von 140 Milliarden auf über 1500 Milliarden Franken, gewachsen. Das ermittelte Swiss Sustainable Finance zusammen mit dem Center for Sustainable Finance der Universität Zürich in ihrer neusten Studie «Swiss Sustainable Investment Market Study 2021». 

Bedürfnisse, Prioritäten, Erwartungen 

Dies unterstreicht, dass nachhaltiges Investieren für den Finanzplatz Schweiz eine grosse Chance darstellt. Angesichts der Dringlichkeit einiger Nachhaltigkeitsziele ist es eine ebenso grosse Verpflichtung. Machen wir eine Auslegeordnung. 

Nachhaltigkeit ist ein vielseitiges und komplexes Thema. Zur Einordnung bieten sich die genannten SDG der Uno an. Sie lassen sich zunächst den breit akzeptierten Kategorien Umwelt, Soziales und Governance zuordnen. Etwas feiner ist die Einteilung in Grundbedürfnisse, Gesundheit, inklusive Wirtschaft, gesunde Ökosysteme, Klimastabilität und verantwortliche Gesellschaft. 

Eines wird mit dieser Betrachtung sofort klar: In der gegenwärtigen Diskussion über Nachhaltigkeit legen Akteure verschiedener Gruppen, Staaten und Regionen ganz unterschiedliche Gewichte auf die verschiedenen Ziele. Aus diesen unterschiedlichen Gewichtungen ergeben sich oft auch relevante Zielkonflikte. Ein leuchtendes Beispiel dafür ist der Vorschlag der EU-Kommission, in der EU-Taxonomie, also der Einstufung der Finanzinstrumente bezüglich Nachhaltigkeit, Gasund Kernkraft als nachhaltige Energiequellen zuzulassen. 

Der Finanzplatz Schweiz bedient Kundinnen und Kunden aus der ganzen Welt, mit unterschiedlichsten Bedürfnissen, Prioritäten und Erwartungen. Darauf muss man glaubwürdig reagieren. Nebst sauberer Erfassung der Kundenpräferenzen bezüglich Nachhaltigkeit und angemessener Information zum Thema wird es notwendig sein, verschiedene Klassifikationen für unterschiedliche Nachhaltigkeitsziele anzuwenden. 

Einzelne Kundengruppen werden der CO2- Reduktion grösstes Gewicht beimessen. Für dieses Ziel zeigt die «Glasgow Financial Alliance for Net Zero» einen glaubwürdigen Weg zur Umsetzung auf. Europäische Kunden werden sich dagegen an die vorgeschriebene Regulierung der EU-Taxonomie halten müssen. 

Andere wiederum werden verlangen, dass alle siebzehn Uno-Nachhaltigkeitsziele ausgewogen berücksichtigt werden sollen. Für diese wäre dann ein sogenannter best-in-class-Ansatz anzuwenden, der auf Daten etwa von Sustainalytics oder MSCI ESG Research basiert. 

Wir Banken machen keine Gesetze, und wir können nicht über Vermögen entscheiden, die uns nicht gehören. Aber wir beraten unsere Kundinnen und Kunden. Und wir wollen und müssen in der Lage sein, eine nachvollziehbare und glaubwürdige Beratung, passende Produkte und eine transparente Berichterstattung zu liefern. 

Damit ist ein weiterer Punkt ebenso klar: Nachhaltiges Investieren setzt immer volle Transparenz der Unternehmungen voraus.

Nur wenn die nötigen Informationen und Daten vorliegen, können Aktien und Obligationen als Grundprodukte aller Finanzprodukte entsprechend bewertet, gefiltert und damit klassifiziert werden. Für Unternehmen, die keine Aktien und Obligationen ausstehend haben, ist eine transparente Berichterstattung Voraussetzung dafür, dass eine mögliche Kreditvergabe in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit beurteilt werden kann.

Eine möglichst einheitliche Berichterstattung in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele ist die unabdingbare Voraussetzung für alle Bestrebungen und Ziele im Bereich von nachhaltigen Investitionen und Finanzierungen. Hier steht die Realwirtschaft in der Pflicht. Es betrifft alle Unternehmungen, unabhängig von ihrer Grösse und Geschäftstätigkeit.

Stellen wir uns vor, der Finanzplatz Schweiz verfüge über die weltweit breitesten und tiefsten Kompetenzen zu nachhaltigem Investieren und Finanzieren. Stellen wir uns weiter vor, wir könnten unseren Kundinnen und Kunden, seien es Sparer, vermögende Private oder institutionelle Investoren, die weltweit vielfältigste Palette an nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen anbieten. Und wir bedienten unsere Kunden mit der aussagekräftigsten und transparentesten Berichterstattung zur Nachhaltigkeit ihrer Anlagen und Vermögen.  

Wenn wir als Finanzplatz diesem Anspruch gerecht werden, werden wir Vermögenswerte von Kundinnen und Kunden aus der ganzen Welt anziehen, die ebendiese Beratung und Produkte suchen. 

Damit reagieren wir auf neue und stetig wachsende Kundenbedürfnisse und erschliessen ein attraktives Geschäftsfeld. Gleichzeitig leisten wir damit einen wirksamen Beitrag an die von der Politik als Ziel definierte Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige und umweltfreundliche Aktivitäten. 

Plädoyer für Selbstregulierung 

Dies ist die Ambition der Institute der Schweizerischen Bankiervereinigung. Um dieser Ambition gerecht zur werden, erarbeiten wir zurzeit einen Katalog von Selbstregulierungen, der Beratung, Produkte und der Berichterstattung abdeckt. Gleichzeitig haben wir eine Reihe von Aktivitäten ausgelöst mit dem Ziel, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil in den Aus- und Weiterbildungsgefässen des Finanzplatzes zu verankern. 

Einige Schweizer Banken sind Pioniere des nachhaltigen Investierens und verfügen bereits über jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich. Über klare Ziele und Anforderungen sowie intensiven Wettbewerb wollen wir auf unsere Vision hinarbeiten, zum führenden Finanzplatz für nachhaltige Investitionen und Finanzierungen zu werden.