Wer im (Plexi-)Glashaus sitzt…
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Bevor die Parlamentarier Anfang September zurück ins Bundeshaus durften, um ihre Tätigkeit wieder an ihrem angestammten Platz aufzunehmen, mussten erst einmal die Handwerker zur Tat schreiten. Der Anblick der Parlamentarier in ihren Plexiglas-Kabäuschen im Ratssaal oder den Sitzungszimmern war dann in der Tat gewöhnungsbedürftig. Doch neben Diskussionen um Masken in der Wandelhalle, den Besuchsregelungen und ob eine gewisse Distanz corona- oder politbedingt waren, standen auch gewichtige Themen auf der Traktandenliste.
Ständerat hat Einsehen
Aus Finanzplatzsicht eines der bedeutendsten Themen war die Revision des Geldwäschereigesetzes, auf welches im Frühjahr der Nationalrat noch nicht eingetreten war. Diesen Entscheid hat die kleine Kammer nun korrigiert, wenn auch mit einer signifikanten Anpassung gegenüber der bundesrätlichen Vorlage. So entschieden die Kantonsvertreter, die Beraterinnen und Berater aus der Revision auszuklammern und das Geldwäscherei-Abwehrdispositiv nicht auf diese Berufsklasse auszuweiten.
Die SBVg hat sich bereits zu Beginn der Beratungen für ein Eintreten eingesetzt, ist die Finanzbranche doch überzeugt, dass Anpassungen am Geldwäschereigesetz notwendig sind, um den Enhanced Follow Up-Prozess der Financial Action Task Force (FATF) der Groupe d`action financière (GAFI) verlassen zu können. Dieser Prozess ist nicht nur aufwendig und teuer, sondern schadet auch der Reputation des Finanzplatzes Schweiz. Es ist daher im ureigensten Interesse der Schweiz, die Internationalen Standards im Bereich Geldwäscherei – welche sie notabene als Mitglied der FATF mitentwickelt – umzusetzen und so einen wichtigen Beitrag im Abwehrkampf gegen diese verbrecherischen Tätigkeiten zu leisten.
Mit den nun vom Ständerat angenommenen Anpassungen macht die Schweiz einen wichtigen Schritt nach vorne, um die Empfehlungen des FATF zu adressieren und in der nächsten Länderprüfung 2022 hoffentlich den Enhanced Follow Up-Prozess verlassen zu können. Nun ist wieder der Nationalrat an der Reihe.
Wichtige Schritte im Bereich Nachhaltigkeit, Datenschutz und DLT/Blockchain
Im Rahmen der Differenzbereinigung schlossen die Parlamentarier die Beratungen zum CO2-Gesetz und dem Datenschutzgesetz ab. Aus Perspektive des Finanzplatzes liefern beide Gesetze wichtige Schritte in ihren jeweiligen Bereichen, die sowohl der Finanzindustrie wie auch der Schweiz als Ganzes einen bedeutenden Mehrwert bringen. Im Bereich Datenschutz nähert sich die schweizerische Gesetzgebung den geltenden Regelungen der EU an und sorgt somit für eine äquivalente Basis im Umgang mit gesammelten Informationen über Nutzer. Das CO2-Gesetz hingegen betrifft die Finanzwelt nur punktuell, liefert aus Sicht der SBVg aber einen wichtigen Beitrag, um den Zielen des Pariser Klimaabkommens näher zu kommen. Dass der Finanzplatz zusammen mit den Behörden bereit ist, sich über das CO2-Gesetz hinausgehend aktiv an der Erreichung der Ziele zu beteiligen, stellte die Branche in den vergangenen Monaten mit diversen Publikationen und Auftritten unter Beweis.
Auch im Bereich der Digitalisierung schlugen die Räte wichtige Pflöcke ein. In eher ungewöhnlich hohem Tempo wurden eine Reihe von Gesetzesanpassungen verabschiedet, die die Umsetzung von Distributed Ledger Technologien (DLT) und Blockchain-Anwendungen erleichtern sollen.
Corona hinterlässt seine Spuren
Mit der Rückkehr ins Bundeshaus nach dem Corona-Asyl, war das Thema Krisenbewältigung natürlich nicht abgeschlossen. Einerseits fand zum ersten Mal in der Geschichte während der laufenden Session eine ausserordentliche Session parallel statt, da im April nicht alle Geschäfte abschliessend behandelt werden konnten. Zum Teil mussten dadurch überholte Geschäfte behandelt werden – eine besondere Situation für alle Beteiligten. Des Weiteren debattierte das Parlament intensiv über das Covid-19-Pandemiengesetz und damit verbunden den Umgang mit krisengeschüttelten Branchen. Die diesbezüglichen Diskussionen werden in den kommenden Sessionen noch weitergeführt werden. Ziel ist die finale Überführung aller Notverordnungen ins ordentliche Recht bis Ende der Wintersession, so dass per 1. Januar 2021 das Schweizer System wieder «normal» funktionieren kann. In diesem Zusammenhang werden sich die Räte in den kommenden Wochen und Monaten auch noch mit der Solidarbürgschaftsverordnung auseinandersetzen.