Kaum noch Wirkung, aber strukturell problematisch - Studie der SBVg zu den Auswirkungen von Negativzinsen
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Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat in der Studie «Negativzinsen: von der Notfallmassnahme zur «neuen Normalität» – und zurück?» die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Negativzinsen analysiert. Untersuchungen zeigen, dass die erwünschten Wirkungen von Negativzinsen auf die Schweizer Wirtschaft abgenommen haben.
Während sich die wirtschaftlichen Eckwerte verbessert haben, nehmen die Nebenwirkungen und die Risiken für die Bevölkerung und die Wirtschaft zu.
«Wir haben nicht nur die Banken, sondern die gesamte Wirtschaft im Blick. Die Banken sind nah am Puls und registrieren die negativen Folgen der Negativzinsen für die Schweizer Bürgerinnen und Bürger, für unsere Unternehmen und die gesamte Volkswirtschaft», sagt Jörg Gasser, CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung, angesichts der Resultate der Studie. Die Negativzinsen erfüllen demnach ihren wirtschaftspolitischen Zweck heute nicht mehr. Der Schweizer Franken ist nicht mehr überbewertet, die Preise sind stabil und die Unternehmen haben sich fast fünf Jahre nach Einführung der Negativzinsen vom Frankenschock erholt.
Die Studie beschreibt auch die langfristigen strukturellen Folgen der aktuellen Zinspolitik auf die Schweiz und ihre Volkswirtschaft. Hierzu zählen:
- Die Gefahr der Blasenbildungen in einzelnen Anlagenklassen wächst. Der Anlagenotstand aufgrund der tiefen Renditen von festverzinslichen Anlagen hat etwa dazu geführt, dass die realen Preise von Immobilien in der Schweiz inzwischen auf Höchststände angestiegen sind. Zugleich haben die Leerstände deutlich zugenommen.
- Negativzinsen bestrafen Sparer und setzen gleichzeitig starke Anreize für den Staat, für Firmen und für Haushalte, sich stärker zu verschulden. Die Verschuldung ist im Zuge der Finanzkrise in fast allen Industrieländern stark angestiegen.
- Die Krisenstimmung droht Konsumenten und Investoren zu lähmen. Anhaltende Negativzinsen werden mit einem «Krisenszenario» gleichgesetzt. Sie wirken dadurch nicht stimulierend, sondern können die Wirtschaftsaktivitäten hemmen und die Inflation dämpfen. Sie schränken den geldpolitischen Handlungsspielraum in einem allfälligen Abschwung ein.
- Der Anlagenotstand und die geringeren Renditen gefährden die Stabilität der Vorsorgewerke. Die negativen Zinsen verschärfen die Problematik des bereits tiefen Zinsniveaus für die Vorsorgewerke zusätzlich. Einerseits geben die Banken die negativen Zinsen zum Teil an ihre Grosskunden wie eben Pensionskassen weiter. Andererseits haben die Negativzinsen das gesamte Zinsniveau in der Schweiz nochmals abgesenkt und damit den Versicherten bei den Pensionskassen fast flächendeckend die bisherigen Erträge gekürzt. Dies hat wirtschaftliche und soziale Folgen – insbesondere für die Rentnerinnen und Rentner von morgen.
- Der Negativzins der Notenbanken belastet die Banken direkt: 2018 hatte die SNB CHF 2 Mrd. an Negativzinsen eingenommen. Dies schmälert die Profitabilität der Banken signifikant. Diese grundsätzliche Problematik bleibt auch mit den neuen, erhöhten Freibeträgen auf SNB-Girokonten bestehen.
Die Studie kommt angesichts der geringen Wirkung und der negativen Folgen der Negativzinsen zum Schluss, dass Auswege aus dem Krisenmodus gefunden werden müssen. Dazu Martin Hess, Chefökonom der Schweizerischen Bankiervereinigung: «Negativzinsen sind vergleichbar mit einem Notfallmedikament: Kurzfristig können sie trotz Risiken einen grossen Nutzen haben. Langfristig verlieren sie jedoch an Wirkung, während die Nebenwirkungen immer grösser werden.»