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04.07.2024

EU FASTER – Innovation im Steuerbereich der EU

Mitte Mai hat sich der Rat der Europäischen Union auf eine Modernisierung des Steuerwesens im Kapitalmarkt der EU geeinigt. Wird sie umgesetzt, gewinnen Aktien und Anleihen aus EU-Ländern für die Investoren an Attraktivität. Die Schweiz täte gut daran auch über eine Modernisierung der Verrechnungssteuer nachzudenken, sonst gerät unser Kapitalmarkt gegenüber der EU ins Hintertreffen. 

Bis heute erheben viele Mitgliedstaaten der EU bei grenzüberschreitenden Investitionen sogenannte Quellensteuern auf Dividenden (aus Aktien) und auf Zinsen (aus Anleihen), die an Anleger im Ausland gezahlt werden. Gleichzeitig müssen diese Anleger im Land ihrer Ansässigkeit für diese Einkünfte Einkommensteuer entrichten. Damit nicht doppelt Steuern bezahlt werden, braucht es eine Entlastung/Rückforderungsmöglichkeit. 

Obwohl Verträge zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehen, mit denen das Problem der Doppelbesteuerung ausgeräumt werden soll, unterscheiden sich die Verfahren zur Beantragung einer Quellensteuerentlastung zwischen den EU-Mitgliedstaaten in der Realität erheblich. Dies führt zu langwierigen, kostspieligen und aufwendigen Prozedere. Aus Sicht der EU-Steuerbehörden können diese Verfahren auch anfällig für Steuerbetrug sein. Mit der Quellensteuerinitiative EU FASTER sollen die Verfahren der Steuerentlastung künftig schneller, einfacher und zugleich sicherer werden. 

Einigung über EU-Richtlinie 

Der Rat der Europäischen Union hat am 14. Mai 2024 eine Einigung über eine Richtlinie erzielt. Mit ihr wird eine gemeinsame digitale EU-Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit eingeführt, die steuerzahlende Anleger nutzen könnten, um neue Schnellverfahren zur Entlastung von der Quellensteuer in Anspruch zu nehmen. Die EU-Mitgliedstaaten wiederum werden automatisierte Verfahren zur Entlastung von diesen Quellensteuern einführen, welche die Investoren mit den neuen digitalen Bescheinigungen in Anspruch nehmen können. Mit der Richtlinie wird zusätzlich eine standardisierte Meldepflicht für Finanzintermediäre wie Banken oder Investitionsplattformen eingeführt. Damit soll den nationalen Steuerbehörden die Aufdeckung von potenziellem Steuerbetrug oder missbrauch erleichtert werden. Wie die Meldepflicht umgesetzt werden kann, ist noch offen. Eventuell bedeutet dieser letztere Teil nicht eine Vereinfachung, sondern viel zusätzliche Administration bei den Finanzintermediären. Anwendbar soll das neue System ab dem 1. Januar 2030 sein.  

Herausforderungen für die Schweiz 

Was bedeutet das für die Schweiz? Wir riskieren gegenüber der EU ins Hintertreffen zu geraten. Auch die Schweiz kennt mit der Verrechnungssteuer eine umfassende und hohe Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen, für welche die ausländischen Investoren bei den schweizerischen Behörden eine Rückerstattung beantragen müssen. Diese Verfahren sind administrativ komplex, da sie kaum digitalisiert sind und grundsätzlich manuell über Formulare mit schriftlichen Bestätigungen von ausländischen Behörden operieren. Die Rückerstattung ist oft langwierig und mit Liquiditätsnachteilen für die Investoren verbunden. Während dem Verfahren, das 1-2 Jahre dauern kann, liegt das Geld unverzinslich bei den Behörden in der Schweiz. Wenn die EU künftig bei ihren Quellensteuern schneller und einfacher zurückerstattet als die Schweiz, werden die Kapitalmärkte in der EU gegenüber dem schweizerischen an Attraktivität gewinnen. 

Die Schweiz tut gut daran, sich eine Strategie zu überlegen, wie die Rückerstattung der Verrechnungssteuer für ausländische Investoren modernisiert werden kann. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag «Die Verrechnungssteuer: Ein Bürokratiemonster der Extraklasse!» 

SteuernInsight

Autoren

Urs Kapalle
Leiter Tax Strategy
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