News
27.03.2025

Wirtschaftsmission Indien: August Benz über Ziele und Erfolge 

August Benz, Stv. CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg), nahm im Februar 2025 an der Wirtschaftsmission nach Indien teil. Im Insight-Gespräch erläutert unser Leiter International & Transformation die Hintergründe und Ziele dieser Mission. 

Lieber August, worum geht es bei einer Wirtschaftsmission? 

Eine Wirtschaftsmission ist eine gemeinsame Reise von Regierungs- und Wirtschaftsvertretern, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Zielland zu fördern. Eine solche Mission bietet die Gelegenheit eines direkten Austauschs auf höchster Stufe und kann den Weg für konkrete Geschäftsmöglichkeiten ebnen. Unsere Delegation im Februar wurde von Staatssekretärin Helene Budliger Artieda, Direktorin des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), geleitet. 

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indien haben einige Zeit in Anspruch genommen und wurden letztes Jahr abgeschlossen. Was stand im Mittelpunkt der diesjährigen Reise? 

Das ist richtig. Die Staaten der European Free Trade Association, kurz EFTA-Staaten, haben am 10. März 2024 nach 16 Jahren Verhandlungen in Delhi ein Freihandelsabkommen, das sogenannte Trade and Economic Partnership Agreement (TEPA), unterzeichnet. Dies ist ein bedeutender Meilenstein der schweizerischen Handelspolitik und ermöglicht eine weitere Diversifizierung des Zugangs zu heutigen Wachstumsmärkten. Der Schweiz und den anderen EFTA-Staaten ist es gelungen, als erster europäischer Partner ein Freihandelsabkommen mit Indien abzuschliessen. 

Ziel der diesjährigen Wirtschaftsdelegation war einerseits, ein EFTA-Desk bei der Investitionsförderungsagentur Invest India zu eröffnen. Damit sollen Investoren aus der EFTA gezielt unterstützt werden. Andererseits bot die Reise auch Gelegenheit für verschiedene Branchen, sich bilateral mit den indischen Behörden auszutauschen. Für die SBVg ist der direkte Austausch sowohl mit ihren Mitgliedern als auch mit den Schweizer und indischen Behörden sehr bedeutsam und sie setzt sich unter anderem dafür ein, dass der Marktzugang für Banken in der Schweiz nach Indien verbessert wird. 

Worin lag das Augenmerk der SBVg bei dieser Wirtschaftsmission? 

Die SBVg setzt sich nachdrücklich für offene Märkte und das Zustandekommen von Freihandelsabkommen ein, da diese ein wichtiges Instrument der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik bilden und damit auch in der Schweiz Wohlstand generiert wird. Indien ist zudem für einen Teil unserer Mitglieder ein sehr interessanter Markt und insbesondere das TEPA bietet grosses Potenzial für den Aufbau neuer oder den Ausbau bestehender Geschäftsbeziehungen.

Welche Vorteile ergeben sich für Indien aus den Verhandlungen, und welche Zugeständnisse macht Indien im Gegenzug? 

Die EFTA-Staaten haben sich mittels dem TEPA verpflichtet, 100 Milliarden Dollar in Indien zu investieren und innerhalb von 15 Jahren eine Million Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenzug wird Indien seine hohen Zölle auf über 90 Prozent der gewerblichen Einfuhren, mit Ausnahme von Gold, entweder sofort oder im Laufe der Zeit aufheben.

Was waren die beiden wichtigsten Erkenntnisse aus der Reise? 

Einerseits zeigte sich, dass auf indischer Seite eine grosse Bereitschaft zur Diskussion besteht. So konnte die Schweizer Delegation bspw. den indischen Minister für Handel und Industrie, Piyush Goyal, treffen. Indien zeigt erhebliches Interesse an der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der EFTA und begrüsst Investitionen ausdrücklich. 

Andererseits wurde klar, dass Indien ein spannender Wachstumsmarkt ist – auch für den Schweizer Bankenplatz. Das TEPA zielt darauf ab, die Zölle zu senken und die regulatorischen Verfahren zu vereinfachen, so dass Schweizer Unternehmen leichter in den indischen Markt eintreten und dort tätig werden können. Dies bietet Chancen für Banken in der Schweiz, welche in der Exportfinanzierung tätig sind. Indien ist als bevölkerungsreichstes Land und aktuell fünftgrösste Volkswirtschaft der Welt ein zunehmend attraktiver Markt für Vermögensverwaltungsdienstleistungen. Mit einem jährlichen Anstieg von rund zwölf Prozent verzeichnet Indien eine der höchsten Wachstumsraten sehr vermögender Privatpersonen (UHNWI) weltweit – dieses Potenzial ist insbesondere für international tätige Banken im Wealth Management interessant. Zudem sind einige Schweizer Banken seit langem in Indien tätig und tragen so bereits heute zur direkten und indirekten Wertschöpfung im Land bei.

Wie geht es nun weiter mit dem TEPA? 

Das Abkommen muss als nächstes von allen EFTA-Staaten und Indien ratifiziert werden. In der Schweiz ist dafür zunächst die Genehmigung des Parlaments erforderlich. Der Ständerat hat das TEPA bereits im Dezember 2024 einstimmig (bei drei Enthaltungen) abgesegnet. Der Nationalrat hat es der Kleinen Kammer gleichgetan und das Abkommen am 21. März mit 130 zu 33 Stimmen bei 28 Enthaltungen genehmigt.

Wann könnte das TEPA in Kraft treten? 

Vorausgesetzt, die anderen EFTA-Staaten und Indien haben das Abkommen bis dann auch ratifiziert und das fakultative Referendum wird nicht ergriffen, könnte das TEPA im Herbst 2025 in Kraft treten. Die SBVg setzt sich dafür ein, dass das Abkommen auf Schweizer Seite so rasch als möglich ratifiziert wird, damit die Exportwirtschaft den kompetitiven Vorteil gegenüber anderen Staaten nutzen kann. 

Besten Dank für das informative Gespräch, lieber August. 

Insight

Kontakt für Medienschaffende

Sind Sie Journalistin oder Journalist?
Unser Team steht Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung unter:
+41 58 330 63 35