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16.12.2024

Das digital Wallet. Portemonnaie der Zukunft? 

Digitale Wallets entwickeln sich von reinen Zahlungsmethoden zum zentralen Bestandteil eines digitalen Ökosystems. Eine SBVg-unterstützte HSLU-Studie ordnet bestehende Wallet-Lösungen nach mehreren Dimensionen ein. 

Ein hektischer Morgen und in der Eile bleibt das Portemonnaie zu Hause. Was früher Stress verursachte, ist heute kaum mehr ein Problem. Das Gipfeli beim Bäcker wird mit TWINT bezahlt, das Zugticket wird mit Apple Pay gekauft und in der SBB-App als QR-Code vorgezeigt, während die Treuepunkte beim Einkaufen mit dem Barcode der Supermarkt-App gesammelt werden. Am Abend stellen Sie fest, dass Sie mit dem Smartphone problemlos durch den Alltag gekommen sind – digitale Wallets erweisen sich als praktische Alternative zum physischen Portemonnaie. 

Der hohe Komfort und die Nutzerfreundlichkeit machen digitale Wallets (kurz: Wallets) zu einem beliebten Mittel, dessen Verbreitung sich auch in den Statistiken widerspiegelt: In der Schweiz nutzen bereits 83% der Menschen TWINT, Apple Pay oder Google Pay, um an einem Point of Sale (PoS) oder online zu bezahlen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 72% im Vorjahr. Diese Transformation zeigt: Wallets sind aus dem Zahlungsverkehr nicht mehr wegzudenken und prägen die Zahlungsgewohnheiten der Konsumentinnen und Konsumenten nachhaltig.

Eine Taxonomie als Grundlage zur strukturierten Differenzierung von Wallets 

Historisch betrachtet werden Wallets daher als Apps für die Verwaltung von Zahlungsmitteln verstanden – immer häufiger können sie jedoch auch Vermögenswerte, Berechtigungsnachweise (z.B. Tickets oder Mitgliedskarten) oder elektronische Identitäten (E-ID) nutzbar machen. Vor diesem Hintergrund hat die SBVg eine Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern unterstützt, mit dem Ziel, einen Beitrag zu einer geordneten Diskussion rund um diese Apps zu leisten. 

Im Kern der Studie steht eine Taxonomie, die die Kategorisierung von Wallets nach 18 verschiedenen Attributen wie beispielsweise Nutzen, Governance, Privatsphäre und darunterliegender Technologie zulässt. In der Folge wurden die bekanntesten und meistgenutzten Wallets in der Schweiz über diese Taxonomie gelegt. Eine Erkenntnis der Studie ist, dass Wallets sehr viele verschiedene Anwendungsfälle und Zielgruppen bedienen. So sind Google Pay und TWINT beispielsweise auf Zahlungen im Alltag spezialisiert, während MetaMask in Decentralized Finance eine wichtige Rolle spielt und stärker auf Selbstverwaltung (Self-Custody) setzt. 

Abbildung: Die IFZ-Taxonomie unterscheidet Wallets über mehrere Dimensionen – wobei die meisten Lösungen heute für Zahlungen, Open Banking oder DeFi genutzt werden. Quelle: IFZ (2024) 

 

Wallets als Dreh- und Angelpunkt der Kundeninteraktion: Was heisst das für Banken? 

Zuerst müssen Banken überlegen, welche Rolle sie im Wallet-Kontext überhaupt spielen möchten. So könnten sie in Zukunft als Aussteller von Berechtigungsnachweisen, Verwahrer und Verwalter von digitalen Identitäten und Vermögenswerten, Zahlungs- und Transaktionsabwickler, Wallet-Anbieter oder «Compliance-Partner» für Drittanbieter fungieren. Gerade der letzte Punkt zeigt, dass Wallets natürlich nicht ausserhalb der geltenden Rahmenbedingungen operieren. In der Schweiz gelten Wallet-Anbieter, je nach angebotener Funktionalität, bereits als Teil des regulierten Finanzmarktes und werden vom Finanzmarktrecht erfasst.  

Anschliessend können Banken grundsätzlich drei generische Strategien in Betracht ziehen, um sich die Potenziale von Wallets zu erschliessen: 

  1. Integration in bestehende Wallet-Plattformen: Banken integrieren ihre Dienstleistungen und Produkte in bestehende Wallets wie Apple Wallet oder Google Wallet und schaffen so einen nahtlosen Zugang für Kunden. So wie sie es bereits heute mit Kredit- und Debitkarten tun. 
  2. Weiterentwicklung von TWINT zur «Super-App»: Die Schweizer «Lieblingsapp» wird durch die Integration weiterer Funktionen, wie E-ID, digitale Signaturen und digitale Vermögensverwaltung, noch attraktiver und so zur «Super-App» - auch für Banken. 
  3. Entwicklung einer eigenen Wallet-Lösung: Eine bankeigene Wallet-Plattform dient als zentraler Zugangspunkt für Kundinnen und Kunden, stärkt das Vertrauen und fördert damit die langfristige Kundenbindung. 

Fazit 

Konsumentinnen und Konsumenten werden die Möglichkeiten digitaler Wallets zunehmend in ihrem Alltag nutzen. Wallets werden in Zukunft noch mehr Funktionen übernehmen – von E-ID über den Führerschein bis hin zu Versicherungspolicen. Nutzerfreundlichkeit und Vielseitigkeit treiben die Akzeptanz von Wallets weiter voran. Banken sollten sich jetzt Gedanken machen, was diese Entwicklungen für ihr Geschäft bedeuten. Einen guten Startpunkt bietet die Wallet-Studie des IFZ in Zusammenarbeit mit der SBVg. 

Digital Finance & Cyber SecurityInsight

Autoren

Andrea Luca Aerni
Policy Advisor Digital Finance
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