OECD-Mindeststeuer: Einfach Realpolitik!
Das Schweizer Volk sagt deutlich «Ja» zur OECD-Mindeststeuer und hat sich damit zu Recht für Rechtssicherheit und Standortattraktivität der Schweiz ausgesprochen. Die Arbeiten für eine erfolgreiche Umsetzung der Steuerreform stehen aber erst an und es ist nun die Aufgabe des Bundes und der Kantone mit der Unterstützung der Wirtschaft, dass die Mindeststeuer für die Unternehmen möglichst schonend implementiert wird.
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Ein klares «Ja» : Ein Erfolg für die Wirtschaft und das Land
Wer hätte noch vor etwa drei bis vier Jahren gedacht, dass die Schweiz – sogar mit der Zustimmung der Wirtschaft – ihre Unternehmenssteuersätze erhöhen würde, etwa fünf Jahre nachdem diese gesunken sind? Eigentlich niemand… Aber am 18. Juni 2023 hat das Schweizer Volk ein klares, gutschweizerisch pragmatisches «Ja» zur OECD-Mindeststeuer ausgesprochen. Es ermächtigt den Bundesrat, die begleitende Verordnung per 1. Januar 2024 in Kraft zu setzen, damit multinationale Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro künftig auch in der Schweiz einer Gewinnsteuer von mindestens 15% unterliegen.
Formell wird der Bundesrat im Verlaufe des Jahres über das Inkrafttreten entscheiden. Es braucht dafür eine „kritische Masse“ an Staaten, welche die OECD-Mindeststeuer ebenfalls umsetzen. Aus Sicht des Bundesrates stellen vor allem die EU-Länder diese kritische Masse dar. Es ist davon auszugehen, dass die EU die Reform umsetzen wird und der Bundesrat hat klargestellt, dass er sich an deren Zeitplan ausrichtet. Ob die USA mitmachen und inwieweit die OECD-Mindeststeuer mit deren innerstaatlichem Recht kompatibel sein wird, ist zwar noch unklar. Dies wird das Inkrafttreten der Reform aber wohl nicht verhindern.
Wie geht es nun weiter?
Die anstehenden Arbeiten finden auf der internationalen und der nationalen Ebene statt. International ist die Konzeption der Reform nicht ganz fertig. Ein Regelwerk (GloBE Model Rules), ein Kommentar und sogenannte Administrative Guidance liegen zwar vor. Viele Fragen sind aber noch nicht geklärt oder werden erst im Laufe der Rechtsanwendung aufkommen. Dazu sind weitere Administrative Guidances zu erwarten. Die OECD hat jedoch bereits signalisiert, dass sie sich aus dem Projekt langsam zurückziehen möchte, um sich anderen Prioritäten zuzuwenden.
Auf nationaler Ebene hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 24. Mai 2023 die zweite Vernehmlassung zur Mindestbesteuerungsverordnung eröffnet. Diese dauert bis zum 14. September 2023. Bereits jetzt lässt sich Folgendes sagen:
- One stop shop: Für die Erhebung der Ergänzungssteuer sieht der Bundesrat die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle vor: Die wirtschaftlich bedeutendste Einheit einer Unternehmensgruppe soll die Steuer für alle Einheiten der Gruppe, die ihren Sitz in der Schweiz haben, in dem Kanton entrichten, in dem sie ihren Sitz hat. Dieser Kanton zahlt seinen Anteil an den Einnahmen aus der Zusatzsteuer an den Bund und die Kantone, in denen die anderen Einheiten der Unternehmensgruppe ansässig sind. Damit wird auch ein Anliegen der SBVg, welches sie in der ersten Vernehmlassung aufgebracht hatte, adressiert.
- Gemischtes Besteuerungsverfahren: Ebenfalls positiv und unserem Anliegen entsprechend werten wir die Regel, nach welcher die Ergänzungssteuer im Rahmen eines gemischten Veranlagungsverfahrens erhoben wird. Die betroffenen Unternehmen werden zwar eine Steuererklärung für die Ergänzungssteuer ausfüllen müssen, aber die Veranlagung durch die Behörden wird für die Konzerne eine erhöhte Rechtssicherheit gewährleisten, insbesondere weil damit allfällige Ansprüche anderer Staaten im Prinzip ausgeschlossen sind.
Auf nationaler Ebene fängt damit nun die nächste grosse Baustelle an: Innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung muss der Bundesrat dem Parlament ein ordentliches Gesetz unterbreiten. Folgende Punkte dürften hierbei im Zentrum stehen:
- Angleichungsmassnahmen: Die grosse Herausforderung der Mindeststeuer besteht in den Differenzen der Bemessungsgrundlage zwischen der Steuerermittlung nach bisherigem Schweizer Recht und nach den OECD-Regeln. Diese können in vielen Konstellationen eine ungewollte Überbesteuerung verursachen. Das gilt insbesondere in Bezug auf die Besteuerung von qualifizierten Beteiligungen. Das Gesetz muss entsprechende Angleichungsmassnahmen vorsehen bzw. vermeiden, dass eine Übersteuerung entsteht.
- Kompensationsmassnahmen für die Wirtschaft: Die Abstimmungsunterlagen erwähnen, dass die zusätzlichen Einnahmen aus der Ergänzungssteuer gezielt dort eingesetzt werden können, wo die Steuererhöhung die Standortattraktivität beeinträchtigt. Dies dürfte Gegenstand reger politischer Kontroversen werden.
Das alles wird für die Gewährleistung der Rechtssicherheit und der Förderung der Standortattraktivität der Schweiz entscheidend sein. Die SBVg wird sich weiterhin konstruktiv, aber auch kritisch einbringen.